Zweifel am Fracking [Doubt about Fracing]

Zweifel am Fracking [Doubt about Fracing] 5:55 Min. by Westpol, June 2, 2013

Zweifel am Fracking 02. Juni 2013, Westpol

Während in Deutschland der politische Streit um die Gasförderung mittels Fracking tobt, machte sich Ministerpräsidentin Kraft bei ihrem Besuch in Kanada ein Bild, wo nach jahrelanger Euphorie die Zweifel an der Sicherheit der Technologie wachsen.

Auf den ersten Blick sieht das, was aus Jessica Ernsts Gartenschlauch fließt, aus, wie ganz normales Wasser. Wie viele hier in der kanadischen Prärielandschaft hat sie einen eigenen Brunnen zur Wasserversorgung. Doch die 56-Jährige demonstriert uns mit einem einfachen Experiment, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmen kann. Das Wasser enthält Gas: “An manchen Tagen habe ich meine Wasserhähne nicht mehr zugekriegt – wegen des hohen Drucks, den das Gas erzeugt. Ich habe mir Methan-Melder besorgt, und die haben angeschlagen. Ein Geochemiker hat mich dann gewarnt, ich könnte mit meinem Haus in die Luft fliegen. Denn wenn die Melder losgehen, aber irgendetwas das Gas entzündet, ist es zu spät. Deshalb muss ich mein Wasser jetzt in Tanks ranschaffen.”

Fracking-Start ohne Information der Anwohner

Als Jessica Ernst das Grundstück im kleinen Dorf Rosebud vor 15 Jahren gekauft hat, war mit dem Wasser alles in Ordnung, erzählt sie uns. Das belegen auch alte Testergebnisse. 2001 ging es dann los mit dem Fracking in dieser Gegend. Ohne dass die Anwohner informiert wurden. “Wenn sie gesagt hätten: Wir müssen Eure Grundwasser-Quellen fracken, hätten wir natürlich gesagt: Nein, kommt überhaupt nicht infrage, dann verzichten wir halt auf das Öl und das Gas. Aber sie haben uns keine Chance gelassen.” Im Umkreis von 6 Meilen hat der Förderkonzern “Encana” hier bis heute rund 200 mal gefrackt, teilweise in sehr geringen Tiefen, dicht an oder sogar in den grundwasserführenden Schichten. Eine große Gefahr.

Gefahr Fracking

Beim Fracking wird mit hohem Druck ein Sand-Wassergemisch unter die Erde gepumpt, um in Kohle oder Schiefergestein eingeschlossenes Gas zu fördern. Dabei kommt auch ein zum Teil hochgiftiger Chemikalien-Cocktail zum Einsatz. Das Ergebnis: winzige Risse, durch die das Gas zum Bohrloch und an die Oberfläche strömen soll. Jessica Ernst vermutet, in Rosebud sind Gas und Chemikalien durch ungewollte Risse auch ins Grundwasser entwichen. Es ist diese Sorge, die auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft mit im Gepäck hat. Der Fracking-Riese Encana präsentiert ihr und den mitgereisten Journalisten stolz eine frische Bohrstelle. Mitten in den kanadischen Wäldern wird hier eine neue Gas-Quelle erschlossen. Drei Monate lang, Tag und Nacht, schaffen 200 Laster Chemikalien und Sand heran, werden Millionen Liter Flüssigkeit unter die Erde gepumpt.

Unternehmen: Keine Gefahren

Hannelore Kraft sagt: “Wenn man diese Dimensionen sieht und die Belastung sieht, und ich stell mir das vor in einer Region wie dem Münsterland, dann ist glaube ich klar, was damit an Eingriffen verbunden ist.” Und die überirdischen Folgen sind nur die sichtbaren. Die Frage nach der chemischen Zusammensetzung der Fracking-Flüssigkeit und die Sorge vor einer möglichen Belastung des Trinkwassers kommen noch dazu. Auch wenn Encana dem Besuch aus Deutschland versichert: Pannen sind ausgeschlossen. So sagt Encana-Mitarbeiter Kellen Foreman: “Zahlreiche Studien belegen, dass wir dem Grundwasser keinen Schaden zufügen. Es gibt keinen einzigen wissenschaftlich belegten Fall, bei dem ein Zusammenhang zwischen den beim Fracking eingesetzten Chemikalien und der Verunreinigung von Grundwasser nachgewiesen werden konnte.”

Berichte über Veränderungen der Erdoberfläche

Selbstbewusst gibt sich der größte Konzern im kanadischen Frackinggeschäft. Die Firmenzentrale dominiert die Skyline von Calgary, der Wirtschafts-Metropole der Energie-Provinz Alberta. Doch allmählich mischen sich auch hier leise Zweifel in die Goldgräberstimmung. Lokale Politiker aus Wheatland County, der Heimat von Jessica Ernst, treffen sich zum Abendessen mit Hannelore Kraft. Sie berichten von ungewöhnlichen Veränderungen an der Erdoberfläche. Von immer mehr Landwirten, die sich um die Umwelt und die Zukunft ihrer Felder sorgen. Alan Parkin vom Wheatland Council sagt: “70 Prozent der Kreise und Gemeinden sind inzwischen der Meinung, dass es strengere Vorschriften beim Fracking in Alberta geben sollte, und dabei muss man berücksichtigen, dass in einigen von ihnen gar nicht gefrackt wird.” Eine strenge Aufsicht – für Hannelore Kraft wäre die beim Fracking unerlässlich. Der Verzicht auf Chemie alleine reicht ihr nicht mehr aus. Ihre Zweifel sind angesichts des heftigen Eingriffs in die Natur eher größer geworden. Die NRW-Ministerpräsidentin sagt: “Wir sind noch lange nicht an der Stelle, dass man das in Deutschland zu lassen kann und ich habe auch Zweifel, dass das überhaupt gehen wird.”

Jessica Ernst klagt auf Schadenersatz

Das in NRW verhängte Fracking-Moratorium soll erst mal weiter gelten. Abwarten also. Genau das rät auch Jessica Ernst – angesichts der Auswirkungen in ihrer eigenen Heimat: “Schauen Sie sich all die Gemeinden an, in denen das Wasser verseucht wurde. Nicht überall so schlimm wie bei mir, aber es sind auch schon Häuser in die Luft geflogen. Versicherungsunternehmen weigern sich Fracking abzusichern. Für Hausbesitzer aber auch für die Subunternehmer. Wer will solch eine Industrie in einem hoch entwickelten Land? Wir sind ein weites Land. Hier ist jede Menge Platz, da kann man sich vielleicht Fehler erlauben. Also lasst doch erst mal andere die Fehler machen.” Jessica Ernst will Encana und die Provinzregierung jetzt zur Verantwortung ziehen und klagt: auf umgerechnet 24 Millionen Euro Schadenersatz.

EnCana statement in the news clip:

“Numerous studies show that we cause no harm to groundwater There is no single scientifically proven case in which a link between the chemicals used in fracking and groundwater contamination was detected.”

[Refer to:

ERCB Investigation Report: Caltex Energy Inc., Hydraulic Fracturing Incident, 16-27-068-10W6M, September 22, 2011 by the ERCB, December 20, 2012
Combustible gas was detected through lower explosive limit (LEL) measurement at the surface during the pumping and water sampling tests in the deeper monitoring well Crew was required to report the detection of combustible gas to the ERCB. In addition to the routine components, the deeper monitoring well is likely to continue to be tested for isopropanolamine, being the selected indicating chemical for the presence of the fracturing fluids. The sampling event in February 2012 detected the presence of isopropanolamine in a sample collected from the deeper well; however, isopropanolamine was not detected in either monitoring well in the samples collected on September 20, 2012. The total Kjeldahl nitrogen (TKN) and ammonia concentrations both showed a significant decrease to one-fifth of the previous concentrations, possibly indicating the attenuation of the amines as well. The groundwater composition on September 20, 2012, continued to be impacted by the fracturing fluids. The concentrations of chloride has decreased from the February 2012 sample, but remains elevated. Benzene, toluene, ethylbenzene, and xylene (BTEX) concentrations remained unchanged between the February and September 2012 sampling events. The petroleum hydrocarbon (PHC) fractions F2 through F4 concentrations overall decreased (with the PHC fraction F1 showing an anomalous increase). ]

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